Lexikon

Keshiperlen

WISSENSWERTES ÜBER KESHIPERLEN

Das Wort 'Keshi' dient in der japanischen Umgangssprache zur Bezeichnung eines Kleinstmöglichen Teilchens, u.a. wird z.B. das Mohnsamenkorn so genannt.

Die ersten Züchter verwandten den Slang-Ausdruck für winzig kleine Perlchen, die sie in operierten Muscheln zusätzlich zu den gezüchteten Perlen vorfanden. Erst 1973 sind die so genannten 'Keshi-Perlen' auf dem Markt zu einem Begriff geworden, in den sechziger Jahren wurden sie wahrscheinlich noch als Naturperlen verkauft oder zur Perlenmedizin verarbeitet. Anfang der Siebziger galten kleine kernlose Süßwasserzuchtperlen aus dem Biwa-See ebenfalls als 'Keshis'. Später kamen winzige goldfarbige 'Keshis' auf den Markt, die wahrscheinlich ebenfalls aus dem Biwa-See stammten.

Seit etwa 1980 wird die Bezeichnung ausschließlich für zufällig entstandene, ungeplante Perlen aus marinen Muscheln verwendet. Später wird sie im Bereich der Südseezucht auch auf Perlen ausgedehnt, die durch bewußtes Einpflanzen eines Gewebeteilchens entstanden sind.

Im Perlenbuch der CIBJO-Bestimmungen von 1998 wird zum ersten Mal die Bezeichnung 'Keshi-Zuchtperlen' verwendet. Damit hat die CIBJO-Kommission nach jahrelangen Diskussionen eindeutig Stellung bezogen. 1997 hatte die Präsidentin der Perlenkommission noch vorgeschlagen, 'Keshi-Perlen' sowohl unter der Klassifizierung A 1 (Naturperlen) als auch B 1 (Zuchtperlen) zu führen. Die Kommission akzeptierte die Bezeichnung 'Keshi' als eigenen Namen, ließ aber die Einordnung unter A 1 nicht zu. Vor Jahren hatten die Japaner schon einmal hartnäckig darauf bestanden, die Bezeichnung 'Keshi-Perlen' gleichbedeutend mit 'Saatperlen' verwenden zu können. Es ist nichts dagegen einzuwenden, umgangssprachlich im Perlenhandel weiterhin von 'Keshi-Perlen' oder 'Keshis' zu sprechen, solange damit keine Täuschung beabsichtigt wird. Die Bezeichnungen machen es darüber hinaus möglich, diese ganz bestimmte Art von Perlen ohne langatmige Erklärungen zu charatkerisieren.

Die japanischen 'Keshis' entstehen durch Zufall, d.h. ohne geplanten menschlichen Eingriff in einer für die Zucht verwendeten Pinctada martensii, oft werden mehrere Perlen auf einmal in einer Muschel geerntet. Sie entsprechen in Ihrem Aufbau zwar den Naturperlen, sie sind aber nur entstanden, weil die Muschel für die Perlzucht eingesetzt worden ist. Aus diesem Zwiespalt heraus ist der Streit darüber zu verstehen, ob 'Keshi-Perlen' als Naturperlen oder Zuchtperlen einzustufen sind. Die so genannten 'Japanischen Keshi-Perlen' (in Japan auch als 'Akoya-Keshis' bezeichnet) unterscheiden sich damit grundlegend von den so genannten 'Südsee-Keshis', die erst in den achtziger Jahren auf den Markt kamen. Ihre Entstehung kann ebenfalls zufälliger Art sein, sie wird aber auch durch das bewußte Einpflanzen eines Gewebeteilchen hervorgerufen.

Die Entstehung einer Keshi-Perle in Pinctada martensii kann folgende Gründe haben:

1. einzelne Zellen des zusammen mit dem Kern eingepflanzten Gewerbeteilchens lösen sich und wandern an eine andere Stelle innerhalb des Weichkörpers. Dort kommt es zur Bildung eines Perlsacks, dem die Entstehung einer Perle folgt;

2. Schalensplitter geraten während der Operation in das Schaleninnere und verletzen den Mantel. Die Verletzung führt zur Verlagerung von Epithelzellen in das Bindegewebe des Mantels, dort entstehen ein Perlsack;

3. die operierte Muschel stößt den Kern wieder aus, das Gewebeteilchen bleibt und bildet einen Perlsack.

Die japanischen 'Keshis' sind im allgemeinen Klein, d. h. sie sind kaum größer als 2 mm. In den ersten Jahrzehnten traten auch Perlen bis 4 mm auf. Die geringe Größe hängt mit der niederen Wachstumsrate der Akoya-Muschel zusammen, die im Bereich von nur 0,15mm -0,3mm pro Jahr liegt.

Die äußere Form der Perlen ist barock, sie richtet sich ausschließlich nach der Form des Perlsacks, da ein runder Kern fehlt. Die Halbmondform wird als charakteristisch angesehen. Die Farben entsprechen den Akoya-Zuchtperlen; sehr kleine 'Keshi-Perlen' haben oft einen ausgeprägt weißen bis silberweißen Farbton. Die Perlen werden in Japan den gleichen Aufbereitungsmethoden wie Akoya-Perlen unterzogen.

Aus den winzigen 'Keshi-Perlen' lassen sich attraktive, mehrreihige Colliers zusammenstellen, für die bis zu 50 Stränge verwendet werden. Die Perlenmode der Achzigerjahre favorisierte diese Colliers, die in die Kategorie des hochwertigen Perlenschmucks gehören. Die Preise für Stränge mit 'Keshi-Perlen' liegen in der Größenordnung der Preise für Saatperlen, weil Ernte und Verarbeitung lohnintensiv sind. In den letzten 20 Jahren sind die japanischen Keshis durch die Vielfalt der auf den Markt strömenden Zuchtperlen in den Hintergrund gedrängt worden.

(Quelle: Elisabeth Strack "Perlen" 2001)